Donnerstag, 17. August 2006

NEAPEL TAG 2: VESUVIO UND HERKULANEUM UND EIN TRAURIGER G

An diesem Morgen steht g mit einem zweiten Mann hinter der Anmeldung im Foyer (sein Cousin, wie ich später erfahre) und er kommt nach vorne und begleitet mich vor die Türe, um zu fragen, warum ich gestern nicht auf sein Klopfen reagiert habe. Die Antwort fällt mir nicht leicht, irgendwie ging es einfach nicht. Er wirkt enttäuscht und sagt, wahrscheinlich hätte ich ihn einfach nicht sehen wollen. (Ganz so einfach ist die Sache dann doch nicht). Aber morgen hätten wir noch eine Chance, zusammen etwas zu machen, heute Abend könne er nicht hier sein.
Ich sage für den nächsten Tag zu.
Mit dem Zug vom Hauptbahnhof aus starte ich mit der Circumvesuviana nach Ercolano. Direkt neben dem kleinen Bahnhof warten schon einige Menschen, die anscheinend das selbe wie ich vorhaben, allerdings nur ein kleines Grüppchen von ca. 12 Menschen. Es ist ein kühlerer Tag (so sagen die Neapolitaner zu Tagen, die um 10.00 Uhr noch keine 36 Grad aufweisen) und immer wieder ziehen Wolken über den Himmel - genau die richtige Stimmung, um auf den Vesuv zu kommen.
Dieser ist umgeben von einem Naturschutzgebiet und reich bewaldet und es duftet herrlich nach Fichten- und Föhrenharz, wie ich bei der Anreise mit dem Kleinbus (weitere 8 Mitreisende) von Agousto gesteuert, erfreut feststelle. Ich stecke die Nase weit aus dem Fenster, so wie ich es als Kind immer getan habe, bis ein Erwachsener es bemerkte. Es geht eine enge, gewundene Straße entlang aufwärts und schon bald sehe ich ganz Neapel, das Meer, die Inseln.
blick vom vesuv auf neapel und die amalfiküste
Während der Anfahrt weist uns unser Fahrer auf die Gesteinszunge hin, die sich durch das Grün einen Weg gebahnt hat und wie ein graues Band zwischen den Bergrücken der beiden Gipfel liegt. Sie rührt vom letzten Ausbruch im Jahr 1944 her. Den letzten Teil des Weges müssen wir zu Fuss zurücklegen. Nach einem etwa 20minütigen Anstieg auf Stein- und Geröllwegen gelange ich oben an. Das letzte Stück laufe ich beinahe, so neugierig bin ich inzwischen.
Und dann sehe ich den Krater.
Um mir seitenweise Schilderungen zu ersparen:
veusv
Ich gehe so nah als möglich heran, um bis auf den Grund sehen zu können, auch entdecke ich eine Stelle an der ganz wenig Rauch aufsteigt - er schläft nur, der Riese, und ich ahne seine verborgenen Eigenschaften.
Ich setze mich auf den Boden und rauche eine mit ihm, dem grossen, alten, anscheinend noch immer ein wenig feurigen, wenn auch im Verborgenen, Berg.
vesuv1
Natürlich bleibt man auch hier nicht ganz von Andenkenläden verschont. Versuvwein, Lavasteine, Lavarosenkranz (wollte ich mir beinahe kaufen, hatte die schönsten Steinkugeln von allen), Schmuck,....
Doch es hält sich in Grenzen und auch die Besucher sind nicht so zahlreich, wie ich vermutet hatte.
Hier oben weht ein angenehmer, kühler Wind und der Ausblick ist wunderbar - vor mir der riesige Schlund des Vulkans, hinter mir die Weite der Amalfiküste, das Meer, Neapel, die Inseln, die umliegenden Wälder, die immer wieder von den vorbeiziehenden Wolken in unterschiedliches Licht getaucht werden - ich kann mich kaum sattsehen.
Ich hätte mich hier noch gerne länger aufgehalten, doch ich muss zurück zur Mittelstation, wo unser Fahrer uns wieder in den Ort hinunterbringt.
Dort angekommen, esse ich ein wenig und mache mich auf den Weg weiter abwärts Richtung Meer, bis ich mich am Ende der Straße vor dem Eingang zu der Ausgrabung von Herkulaneum befinde. In dieser antiken Stadt, in der, im Gegensatz zu Pompeji, nur etwa 4000-5000 Menschen lebten, als sie durch den Ausbruch des Vesus für viele Jahrhunderte begraben wurde. (erst 1709 durch einen Bauern, beim Graben eines Brunnen entdeckt)
Auch wurde diese Stadt nicht von Aschenregen bedeckt, sondern von einem Lava-Schlammstrom überrollt und dadurch wurden teilweise sogar höher gelegene Stockwerke erhalten. Die Ausgrabungen sind noch immer nicht abgeschlossen und einige kleine Bereiche gesperrt, weil hier noch gearbeitet wird.
herkulaneum
Also steige ich hinab in eine frühere Zeit und gehe durch die Strassen und Gassen, gehe in Häuser und Gärten, durch Räume und Gänge.
Die wussten schon gut zu leben, die Menschen zu dieser Zeit - Tavernen, Thermen, wunderschöne Innenhöfe, Wandgemälde, Statuen, Götter (für jedes Anliegen, eine/n bestimmte/n), Böden aus Mosaiken und Pflastersteinen.
Beihnahe erfurchtsvoll betrete ich diesen alten Untergrund.
herkulaneum1
Auch war es zu dieser Zeit üblich, das mittägliche Mahl, das eher kleiner ausfiel, außerhalb der eigenen vier Wände einzunehmen, davon zeugen zahlreiche Imbisstuben, Tavernen und Bäckereien. In diversen Tavernen und Schenken wurde gelegentlich auch auf die "Zusatzdienste" der Kellnerinnen und Kellner hingewiesen.
herkulaneum2
So träume ich mich in eine andere Zeit und sehe die Bewohner und das geschäftige Treiben der Stadt vor mir. Stelle mir vor, welche Rolle ich in dieser Gesellschaft gespielt oder gelebt hätte. Wie wäre ich gewesen? Wie hätten mich die anderen gesehen? Hätte ich das Gefühl gehabt in der "richtigen" Zeit zu leben? Ich glaube, ich hätte auch hier und jetzt euch gefunden, auch wenn es mich ein Leben gekostet hätte!
Und auch dich hätte ich gefunden, so untrüglich und sicher wie in jedem Leben und zu jeder Zeit!
Genau mit dem Gefühl fahre ich zurück, so sicher, das mir keiner, niemand und niemals etwas anhaben kann. Ich sehe zum erstenmal die Menschen und erkenne sie ganz deutlich, mit ihren Sorgen und Ängsten, Hoffnungen und Erwartungen, Gewohnheiten und Träumen. Auf jedem Kontinent sind die Menschen geprägt von diesen Dingen. Das alles vereint uns und trennt uns immer wieder - und es wird so bestehen bleiben.
Als ich ins Hotel zurückkomme ist g nicht da, und er fehlt mir, er fehlt mir am Abend, er fehlt mir in der Nacht und am Morgen als ich aufwache. - ich weiß, er und ich sind die wenigen Menschen die sich finden, und sei es nur für wenige Tage oder Stunden, für die Zeit die ist. Jetzt. Und am nächsten Morgen, ist er wieder da! - wie hätte es anders sein können.!
vesuv2

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